Das Heft „rote blätter 1: Linke und die Friedensfrage“ enthält zusammengefasste Beiträge eines renommierten Kreises von Einzelpersönlichkeiten aus linker Theorie und Praxis zu Vorschlägen, was die Friedensbewegung und die Linken in Deutschland damals wie auch aktuell dringend brauchen: Ein genaues, vertieftes und begründetes Verständnis der aktuellen Gründe für Kriege wie auch der den kriegerischen Tendenzen entgegenwirkenden Kräfte und Möglichkeiten. So entstand das erste Heft „rote blätter 1“ im Ergebnis einer Veranstaltung im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte am 4. Oktober 2015, die 100 Jahre nach der sogenannten Zimmerwalder Konferenz zum Themenkomplex „Linke und die Friedensfrage: Imperialismus heute – Differenzen verstehen – Spaltungen überwinden“ stattfand.
Wie auf der Startseite dieser Webpräsenz erläutert, wurden die „Roten Blätter“ erstmals bereits von 1971 bis 1989 als Publikationsorgan des Marxistischen Studentenbundes (MSB) Spartakus in der Bundesrepublik Deutschland herausgegeben. Mit dem Aufgreifen dieses historischen Titels sollten die „neuen“ Roten Blätter, seit Ende 2015 herausgegeben von Wolfgang Gehrcke (1998 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages und stellvertretender Vorsitzender der PDS-Bundestagsfraktion und von 2005 bis 2017 erneut Bundestagsabgeordneter der Partei Die Linke) und Christiane Reymann, eine neue Plattform für eine streitbare und respektvolle Diskussion linker Strategie werden.
Bekanntlich war eine erdrückende Mehrheit der einst stolzen deutschen Sozialdemokratie zum Beginn des Ersten Weltkrieges bereit, die Auseinandersetzung mit der Reaktion und dem Kaiserreich bis zum Kriegsende zurückzustellen und statt einer konsequenten Friedenspolitik eine Burgfriedenspolitik zu betreiben. Obwohl die Sozialistische II. Internationale Militarismus und Krieg vor Ausbruch des Krieges mehrfach verurteilt hatte, waren die meisten Angehörigen der Sozialistischen Parteien der am Krieg beteiligten Nationen auf die sogenannte Burgfriedenspolitik eingeschwenkt. Dennoch kam vom 5. bis zum 8. September 1915 im schweizerischen Zimmerwald unweit von Bern im damaligen Hotel „Beau Séjour“ ein illegales Treffen von Linkssozialisten unterschiedlichster Richtungen aus Europa im Kampf gegen den imperialistischen Krieg zustande. Organisiert von dem Schweizer Sozialdemokraten Robert Grimm – mit dem Ziel, die Sozialistische Internationale wieder zu beleben – verabschiedeten die 37 Teilnehmer aus 12 Ländern trotz massiver Differenzen ein „Zimmerwalder Manifest“:
„Niemals in der Weltgeschichte gab es eine dringendere, eine höhere, eine erhabenere Aufgabe, deren Erfüllung unser gemeinsames Werk sein soll. Kein Opfer zu groß, keine Last zu schwer, um dieses Ziel: den Frieden unter den Völkern zu erreichen.“ (Zimmerwalder Manifest von 1915)
Die Konferenz offenbarte die Differenzen zwischen der pazifistischen Mehrheit (mit Robert Grimm) einerseits und andererseits der sogenannten „Zimmerwalder Linken“ (um Lenin) als einer Minderheit, die den Weltkrieg zu einem weltweiten revolutionären Prozess führen wollte. Damit setzte sich also die Spaltung der Arbeiterbewegung in revolutionäre und reformistische Sozialdemokraten oder Sozialisten und Kommunisten ungebremst fort. Nur einzelne Exponenten ihrer Parteien blieben antimilitaristisch eingestellt, so auch die deutsche „Gruppe Internationale“ um Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die russischen Bolschewiki, die revolutionären Syndikalisten in Frankreich sowie die Sozialdemokratische Partei des Königreiches Polen und Litauens. Zwar gab es Kriegsgegner etwa auch bei den russischen Menschewiki, in der Schweiz und Italien, jedoch blieben diese in ihren jeweiligen Parteien in der Minderheit.
Heute hat die Friedensbewegung in Deutschland trotz vielfältiger Bemühungen noch nicht wieder die Kraft gefunden, in den Gefahren angemessenem Umfang öffentlichen Protest zu organisieren und einen hinreichenden gesellschaftlichen Druck auf die Bundesregierung und international für friedliche Konfliktlösungen zu erzeugen. Und das, obwohl heute – 35 Jahre nach dem Ende der Systemkonkurrenz – die deutsche Bundeswehr seit Jahren wieder als Kriegspartei an verschiedenen Kriegsschauplätzen auf der Welt beteiligt ist.
Die publizierten Konferenzbeiträge vom Oktober 2015 stammen von Reiner Braun (IALANA), Ellen Brombacher (Bundessprecherin der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE), Dr. Erhard Crome (Rosa-Luxemburg-Stiftung), Dr. Diether Dehm (MdB DIE LINKE), Wolfgang Gehrcke (MdB DIE LINKE), Klaus Hartmann (Bundesvorsitzender Freidenker-Verband), Heidrun Hegewald (bildende Künstlerin, Autorin), Dr. Sabine Kebir (Autorin), Dr. Volker Külow (Historiker), Dr. habil. Marianne Linke (Sozialministerin a. D.), Prof. Dr. Kurt Pätzold (†2016/Historiker), Tobias Pflüger (Stellvertretender Vorsitzender der Partei DIE LINKE), Dr. Siegfried Ransch (Ökonom, Soziologe), Christiane Reymann (Publizistin, Aktivistin), Rainer Rupp (Journalist), Dr. Klaus Steiniger (†2016/Chefredakteur RotFuchs), Marga Voigt (Autorin), Peter Wahl (Publizist, Attac), Andreas Wehr (Marx-Engels-Zentrum Berlin), Monika Wicki (Präsidentin der schweizerischen Robert-Grimm-Gesellschaft) und Dr. Reiner Zilkenat (†2020/Historiker).
Die Broschüre hat 148 Seiten und wurde erstmals auf der Website von Wolfgang Gehrcke Anfang 2016 unter dem Hyperlink „rote blätter 1: Linke und die Friedensfrage“ vorgestellt. Dort steht auch der folgende Link für den Download der DIN-A5-Broschüre im pdf-Format zur Verfügung.